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LebensWelt

Von der Multikulti-Gesellschaft hin zur Inter- und Transkulturalität

Vielleicht erinnert ihr euch noch an euren Englisch-Unterricht. Erinnert ihr euch noch an den Begriff ‚melting pot‘? Sicher tut ihr das. Unsere Lehrer*innen erklärten uns damals, dass London ein Schmelztiegel für die unterschiedlichsten Kulturen sei. Ähnliches könnte man wohl auch von anderen Metropolen, wie etwa Berlin behaupten. Menschen aus den verschiedensten Regionen dieser Erde begegnen sich tagtäglich in der U-Bahn, auf der Straße, in Museen, im Café. Menschen sind soziale Wesen und wir wissen alle, wir leben nicht in einem luftleeren Raum, ganz für uns alleine, sondern wir interagieren und kommunizieren mit unserer Umwelt.

Unser Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fand im Jahre 2021 sehr treffende Worte, in dem er sagte: „Deutschland ist ein Land mit Migrationshintergrund“.

Damit hat er den Nagel buchstäblich auf den Kopf getroffen. Findet ihr nicht?! Wir verdanken den Generationen vor uns so viel. Sie hatten den Mut, in einer Zeit des Auf- und Umbruchs ihre Heimat und ihre Familien zu verlassen, um hier in Deutschland dabei zu unterstützen, etwas Neues zu schaffen und aufzubauen. Manch Eine*r kehrte zurück, manch Eine*r blieb. Auf diese Weise befruchten sich die Kulturen, indem sie voneinander lernen, sich neue Denkanstöße geben und idealerweise Vorurteile überwinden; auch, wenn dies sicherlich nicht Jedem/ Jeder gleich gut gelingen mag.

Interkulturelle Kompetenz erfordert Empathie, Kommunikations- und Konfliktfähigkeit, kritische Selbstreflexivität, Flexibilität, aber auch die Fähigkeit eine andere Perspektive einzunehmen oder Unsicherheiten bzw. Irritationen auszuhalten.

Paul Watzlawick sagte einst: „Man kann nicht nicht kommunizieren“.

In Zeiten von WhatsApp, TikTok, Instagram und Co. gewinnt dieser Satz immer mehr an Bedeutung. Der Großteil unserer Kommunikation findet tatsächlich weniger auf der verbalen, sondern auf der nonverbalen und paraverbalen Ebene statt. Wir kommunizieren mehr über Mimik, Gestik oder Intonation, denn über das reine gesprochene Wort. Symbole dienen uns ebenso als Kommunikations- und Verständigungsmittel. Schaut doch bitte einmal auf euer Smartphone. Was fällt euch auf? Richtig. Ihr seht einen Telefonhörer, aber wer von euch kennt denn tatsächlich noch ein Festnetztelefon mit Hörer und Wählscheibe?

Oder denkt einmal an eure tägliche Fahrt zur Schule oder zur Arbeit. Auch hier fallen euch sicherlich die einen oder anderen wiederkehrenden Symbole auf, z. B. das Maskensymbol. Jede*r von uns weiß, was es damit auf sich hat. Ihr seht also, Sprache hat unterschiedliche Facetten und so können wir uns auch ohne das gesprochene Wort verständigen. Denn wir hatten bereits festgestellt, wir sind alle soziale und kommunikative Wesen und leben nicht in einem Vakuum.

Schaut euch bitte einmal dieses Bild an. Was glaubt ihr, bedeutet diese Geste?

Eine Geste mit vielen Bedeutungen

Diese Geste hat tatsächlich in verschiedenen Kulturen ganz unterschiedliche Bedeutungen. Ein*e Italiener*in würde damit vermutlich eher fragen: „Was willst du?“ Jemand aus der Türkei würde damit zum Ausdruck bringen: „Schön. Gut.“ Im Kongo steht diese Geste für „Klein. Wenig.“ Und ein*e Ägypter*in würde bei dir buchstäblich auf die Bremse treten und dich bitten, dass du dich geduldest.

Na, wer hätte das wohl gedacht?

Auch unsere verbale Kommunikation unterliegt kulturellen Besonderheiten. Ihr erinnert euch sicherlich noch an die vier Seiten einer Nachricht nach Friedemann Schulz von Thun. Stellt euch einmal vor, ihr hättet heute ein Vorstellungsgespräch; für ein Praktikum, einen Ausbildungsplatz, eine neue Stelle; sucht euch einfach etwas aus. Ihr werdet gefragt, ob ihr eine Tasse Tee mögt. Wie würdet ihr auf diese Frage antworten?

Die Ablehnung eines solchen ‚Angebots‘ kann ein Zeichen von Höflichkeit sein. Der-/ Diejenige möchte möglicherweise keine Umstände bereiten. Jede Kultur hat ihre eigenen Regeln, z. B. zur Nähe und Art des Körperkontaktes bei einer Begrüßung (bspw. Händeschütteln, Küsse auf die Wange), was angesprochen werden darf und was nicht, wann man seine Emotionen wie zeigen darf usw. Sprache ist folglich ein Kommunikationsmittel, was den nationalen, aber auch den individuellen Charakter zum Ausdruck bringt.

Kulturen sind geprägt durch unterschiedliche Sprachen, die ihnen unterschiedliche Perspektiven auf die Welt ermöglichen, z. B. unterschiedliche Begriffe und damit verbundene Lebenskonzepte, die eine Direktübersetzung häufig nicht so richtig widerspiegelt. Würde man „savoir vivre“ beispielsweise direkt übersetzen, hieße das so viel wie „zu leben wissen“. Tatsächlich verbirgt sich dahinter dem deutschen Verständnis nach das Lebenskonzept „stilvoll zu leben“. Franzosen und Französinnen meinen damit aber eher das gute Benehmen und Verhalten.

Ihr seht, Sprache bietet sehr wohl auch Raum für Missdeutungen, Missverständnisse, die nicht selten auch zu kulturellen Differenzen führen können. In westlich geprägten Nationen ist der Blickkontakt ein Ausdruck von Höflichkeit, in vielen südlich gelegenen Nationen hingegen senkt man den Kopf und vermeidet Blickkontakt. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass sich die Gesprächspartner*innen auf den Gegenüber einlassen, einander aktiv zu hören und sich in die andere Person hineinversetzen, umso mögliche Unsicherheiten zu erspüren und gemeinsam zu überwinden.

Wertschätzung, Respekt, Rücksichtnahme, Offenheit und Einfühlungsvermögen sind folglich unabdingbar für eine gelingende interkulturelle Kommunikation.

Schaut euch gerne das nachstehende kurze Video an und überlegt einmal, was euch dabei durch den Kopf gegangen ist. Wir freuen uns über eure Kommentare. 🙂

Hier haben wir noch ein kleines Video für euch. Wie mag es wohl in einer Familie sein, in der unterschiedliche Religionen gelebt werden? Wir sind gespannt auf eure Gedanken dazu. 🙂

Für diejenigen unter euch, die sich lieber den Text anhören möchten, haben wir hier die passende Hördatei:

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